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Wieviele Menschen rauchen in Deutschland? Wieviele Menschen rauchen nicht? Und wen interessiert das? Das einzige, das interessant scheint, sind die Möglichkeiten, Raucher in möglichst unwürdige Situationen zu bringen, damit sie sich vor lauter Scham von der widerlichen Fluppe lossagen.
Das neueste: Das Bürgerbegehren für eine Volksabstimmung. Ein B-Ü-R-G-E-R-B-E-G-E-H-R-E-N . Für sowas. Wie peinlich. Wie arm. Da dürfen die Gesundfritzen mit ihren makrobiotischen Aufstößerchen endlich mal was Großes leisten. Sie dürfen versuchen, mal abzustimmen mittels Liste. Aus Recyclingpapier doch wohl. Das raucht sich übrigens besser als das weiße.

Es ist halt einfach schick geworden, bei einem Schwall Nikotin trocken zu husten. Der alltagstaugliche Asthmaanfall ist Gütekriterium des modernen Menschen. Man kann gerne stundenlang in einem Straßencafe in Athen oder Berlin sitzen angesichts einer vierspurigen Stadtautobahn mit vielen, vielen Dieselbussen, aber eine einzige Zigarette bringt einen bestimmt um. Oder um einige Lebensjahre. Ich bitte Sie: Unterfordern Sie ihren Lungenfacharzt nicht, gehen Sie ohne Umwege zu Ihrem Psychiater, der Sie wegen Ihrer sonstigen Beklopptheiten sowieso behandelt und sich davon Cohibas leisten kann. Er weiß, sowas nennt man Hysterie oder Paranoia.

Ausschlaggebend für die Bürgerbegehrenhysterie war die Rückgratlosigkeit unserer Politiker, die ein einmal beschlossenes Gesetz zuungusten der Tabakindustrie zurücknahmen zugunsten der Alkoholindustrie. Wegen des weltbekannten Massenbesäufnisses Wies'n. Es durfte in den Festzelten ausnahmsweise geraucht werden, darf es immer noch. Und das soll aufhören. Für immer. Nicht die Sauferei, der Qualm soll weg. 
Mal ehrlich, ist ein Betrunkener Italiener, Amerikaner, Niedersachse oder Oberbayer im leichten Nebel nicht besser zu ertragen? Steigt es sich nicht leichter über einen gefallenen Saufbruder, wenn man nicht so genau sieht, ob man ihm jetzt auf die Hand tritt oder auf die Haferlschuh?
Ist Ihnen schon einmal beim Betreten des Büros einer nichtrauchenden verfrorenen Kollegin der Vergleich zum ersten Fangrechen einer bakteriell hochaktiven Kläranlage eingefallen? Messungen könnten belegen, daß bei Rauchern die Büroluft mehr Sauerstoff enthält als bei nichtlüftenden Nichtrauchern. Mißt aber keiner. weil Nikotin riecht. Das reicht schon. Was riecht, ist schlecht. Und daran denken Sie bitte bei der nächsten Besichtigung der Biokäserei oder beim wohlfeilen Probeschmecken eines  zwei Tage alten Rohkosthauptgerichts im Nichtraucherwellnesshotel nachdem Sie ihre heißen Steine abgeworfen haben. Ihren Ballast sozusagen. Intoleranz zum Beispiel.
Zugegeben, Alkohol zu verbieten wäre noch schlimmer. Zumal sich der Großteil des Alltags nur betrunken ertragen läßt. Und besaufen kann man sich noch alleine, ohne gleich seinen Nachbarn gesundheitlich zu gefährden. Aber soweit wird es auch noch kommen. Jemand wird in der Atemluft die Alkoholkonzentration messen und die potentielle Gefährdung in einer durchschnittlichen Straßenbahn berechnen.
Nichtraucherle, freut euch nicht zu früh. 
Schon vor zwei, drei Jahren orakelte jemand, als nächstes seien die Fetten dran. Und schon sind sie's. Krankenkassen, Ernährungsfuzzis, selbsternannte Biomampfer, alle rücken den wärmedämmenden Röllchen zuleibe. Schon in der Schule müssen die kleinen Fratzen lernen, wie man gesund ißt. Wie blöd ist das eigentlich, wenn man weiß, wie geil ein BicMäc mit viiiel Ketchup ist? Die Kinder denken an Fußball, Nintendo oder Knutschen, aber niemand wird ihnen beibiegen können, dass Gesundes wichtig ist, Hauptsache Mama kocht. Als nächstes kommen dann erst die Säufer. Ihr werdet schon sehen. Nachdem man den Nikotinbrand mit Rotwein bekämpfen konnte, wird einem das auch noch verleidet. Und wer dann noch dran ist, ich weiß es nicht. Vielleicht die Brillenträger, oder Superschwitzer, die Untrainierten oder die mit den Senkfüßen. Keine Ahnung, aber aufhören wird es nicht. Ist ja alles im Dienste der Gesundheit. Aber wo tun wir die dann alle hin? Die traurigen, feuchten, ungeheizten Ecken und Keller sind schon alle von den Rauchern besetzt. So viele häßliche Plätze gibt es gar nicht auf dieser Welt, daß man die ganzen Ausgestoßenen unterbringen könnte, damit sie die Nüchternen, Reinatmenden, normalgewichtigen Bioköstler, die orthopädisch und kardiologisch in Bestform sind, nicht stören. Vielleicht ist es dann umgedreht: Die Reinen drogenfreien haben ihre klitzekleinen Privatbiosphären, die kann man runterklappen, wie einen Helm und da keuchen sie dann wie Darth Vader heraus. Solche Sätze wie "Es macht Spaß, blöd auszusehen, so lange es gesund ist". Schöne Idee. Und beim Unterschreiben des lächerlichen Bürgerbegehrens krakeln sie dann vor lauter beschlagenem Visier in die falsche Zeile. Alles ungültig.