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Jetzt ist es endlich soweit: ein streichholzdünnes Model ist tot.  Jetzt kann man den magersüchtigen jungen Mädchen "in echt" mit dem Sensenmann drohen. Bisher hatte man ja nur lehrbuchtrocken und allein deshalb schon fiktiv, die Gesundheitsschäden des Abnehmens dahergeblubbert wie eine durchschnittliche Bulimikerin ihr Mittagessen auf der Damentoilette.

Ich kann es ja auch nicht glauben, aber Fotomodelle sind Vorbilder! Ein Fotomodell, das einen Körper hat, wie Leute aus einem Land, für das man zu Weihnachten spendet - bloß in hell. Jetzt haben wir ein totes Fotomodell als Vorbild für ein gesundes Gewicht. Ein wirklich lebendiger Witz. Wie formuliert man das jetzt essenstechnisch: Das dreht mir den Magen um? Das bleibt mir im Hals stecken? Da kommt mir die Galle hoch? Für eine Magersüchtige der blanke Alltag!

Braucht man ein Vorbild? Im letzten Jahrhundert war das Pappa und Mamma, oder irgendein Bürgerrechtler oder so eine Slum-Königin wie Mutter Theresa oder auch John F. Kennedy, den sie ob seines Gutmenschentums gleich ins Paradies geschossen haben. Dünn wird die Luft auf der Suche nach geeigneten Kandidaten in diesem Jahrhundert.

Ich kannte mal einen Jungen, der wollte sein wie Oliver Kahn. Der Nationalprimat im nach einer Seite offenen Käfig als Vorbild. Da bringt man tausende von Jahren mühseliger Evolution hinter sich und ein kleiner Junge will sein wie ein Pavian! Es gibt keinen kleinen Jungen, der sein will, wie Jürgen Trittin oder Günter Grass. Ich gebe zu, heute taugen weder Politiker noch Bestsellerautoren als Anleitung für ein nettes Leben. Auch berühmte Forscher verschanzen sich in unterirdischen Reinräumen und was die da erfinden versteht sowieso kein Mensch, weil die einfachen Sachen schon lange erfunden sind. Die alten Wünsche, Lokomotivführer oder Astronaut zu werden sind auch langweilig, weil keiner mehr Lokomotivführer braucht und Astronauten sind heute so alltäglich wie feuchtes Toilettenpapier. Ärzte versteht man nicht und Lehrer jammern den ganzen Tag.

Deshalb haben sie alle den Platz als Vorbild halt auch räumen müssen. Fehlende Präsenz. Selber schuld.  Ein Vorbild ist entweder dünn, reich oder laut. Also doch.