Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Vielfältig ist unsere Sprachlandschaft und die Anzahl der Dialekte ist schier unüberschaubar. Es gibt Beliebtheitsumfragen, bei denen unsere näselnden Freunde aus den neuen Bundesländern immer schlecht abschneiden und es gibt Dialekte, bei denen man zwangsläufig an die Kehrwoche und an das Sparen denkt. Manch andere Mundarten assoziieren sich freiwillig mit Apfelweintrinkern oder wortkargen Kühemelkern, Krabbenpulern, Altbiertrinkern oder Bratwurstessern.

Allein akustisch kann man davon gut satt werden.

Doch nirgendwo wird so leidenschaftlich auf Angehörigen anderer Mundarten herumgehackt, wie im weiß-blauen Sprachgebiet. Das erstreckt sich immerhin von den sinnlichen Franken über die xenophobischen Niederbayern, unentschlossenen Allgäuer, und wie sie alle heißen wollen, bis zu den stolzen Oberbayern. Diese sind sich ob des Grenzverlaufs zu all’ den anderen nicht recht einig. Manche wollen schon nördlich des Inns den Niederbayern vermuten und andere verdächtigen den Ingolstädter, ein heimlicher Franke zu sein.

Als Zugezogener muß man sich in jeder Runde für seine Mundart zunächst rechtfertigen, danach entschuldigen und schließlich einem Sprachtest unterziehen. Das vielgebrauchte „Oachkatzlschwoaf“ wird hier recht gerne zitiert. Offen gestanden hat es überhaupt keinen Sinn, dieses Wort zu können, denn niemand aus dieser Runde weiß etwas über Eichhörnchen zu erzählen, weshalb es also nur für einen Lacher der Einheimischen taugt. Nun werden weitere unbenutzte, vielleicht auch selbst erfundene Wörter ausgepackt und der Zugezogene möchte sich bitte zur Erheiterung der anderen an diesen Wörtern versuchen. Das geht immer schief. Selbst ein ehrlich beherrschtes Wort aus einem 20 km entfernten Ort wird sofort als falsch diffamiert. Ein Dialekt aus einem gar 100 km entfernten Ort wird als „Preußisch“ abgetan. Wenn schon bayrisch, dann genauso, wie die Anwesenden es sprechen. Ein Anspruch, den eine gewagte, kleinstädtische Runde schon selbst nicht mehr erfüllt. Doch der gemeinsame Feind „Preiß“ eint die Oachkatzlschwoafer. Also was tun? Einen Atlas holen und ihn jedem in der Runde einmal auf’s Ohr hauen? Die Geschichte bemühen, um zu klären, wo diese Bayern wären, hätte es die Preußen nicht gegeben? Fragen, wo eigentlich die Eltern dieser Sprachhüter herkamen, von ihrer Flucht nach dem geschichtlichen Großereignis in der Mitte des letzten Jahrhunderts? Darüber aufklären, daß es 16 Bundesländer gibt und keines davon „Preußen“ heißt? Oder frech von den Österreichern schwärmen, die ja sowieso bessere Mehlspeisen kochen können?

Bitte alles bleiben lassen. Einfach das ganze Maul voll Schweinebraten nehmen, ein bißchen Semmelknödel hinterherstopfen und daheim in Frieden saufen bis: Preußisch blau.