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Männer mit Damenhandtaschen sehen einfach bescheuert aus. Man findet sie meistens vor Umkleidekabinen. Dort warten sie, um den einzigen Schemel rangelnd, bis sich die Begleiterin stöhnend aus einer der Kabinen meldet, sie hätte diese entzückende Bluse doch gerne in etwas größer.

Der Mann nimmt das Kleidungsstück durch den Vorhangspalt entgegen und rückversichert sich "In 44?"  Dann schießt meistens ein Arm hervor, der heftig am Kleiderbügel reißt und aus dem enttäuschten Seufzen wird wütendes Gezische. Er hat die Größe genannt. Dieser Einkaufsbummel steht ab jetzt für ihn unter einem unglücklichen Stern. Sie wird über ihre Hüftröllchen jammern und sich lustlos ein fettarmes Softeis bezahlen lassen. Er wird sich Geschichten über diese heimtückische Kleidergrößenveränderung zu Gunsten der hohen Zahlen anhören und sich einfach wundern. Der weise Mann wird nun lieber Schuhe kaufen gehen und da stehen sie dann unsicher oder/und gelangweilt zwischen Schuhregalen herum und blicken neidisch auf die hübsche Frau mit den hübscheren Füßen, die sich nicht diese fußbettbewehrten extrabreiten Latschen gegen den Senkspreizfuß anschaut. Manche glotzen fassungslos auf eines dieser Modelle in der hochmodernen Klumpenschuhvariante, und wiegen sie staunend in der Hand, im stillen Vergleich mit dem Gewicht des Schraubstockes im Bastelkeller.

Falls der arme Hund selber auch Klamotten braucht, steht ihm die nächste Prüfung bevor. 
Ein viel zu großer, viel zu schlanker Junge in einem Anzug, den er als erstes daheim im Flur hinschmeißt, erzählt einem dicklichen Kunden dröhnend, dass man heutzutage "körpernah" trägt und der Kunde schielt kontrollierend auf die kälteabwehrenden Hüftwürste, die er jetzt auch noch zeigen muss. Zu allem Überfluss zwängt der Jungverkäufer seine knochigen Bubenfinger in den Hosenbund und befindet, die Passform sei optimal. Derart bloßgestellt wird die Hose gekauft, weil es keine schnellere Rettung aus dieser Situation gibt. Seine Frau hat schon augenzwinkernd das Balzritual mit dem Bübchen begonnen und missversteht das geschulte Lächeln als Kompliment. Ja, in den großen Kaufhäusern sind immer straffe junge Buben in der Herrenabteilung, weil dort die Ehefrauen bestimmen. Wer einen Verkäufer mit Stil und Geschmack und vor allen Dingen Ehrlichkeit sucht, sollte sich schon zum Herrenausstatter begeben, dort sieht man keine Frauen und keine mageren Buben.
Zuhause werden die erworbenen Konsumartikel brav in den Schrank gehängt und gleich heimlich die nächste Diät geplant, damit das Stück passt. Die Frau zieht die viel zu hohen, farblich extravaganten Highheels nie an und beschwert sich in 4-5 Jahren, dass es niemals auch nur eine einzige Gelegenheit gegeben hätte, diese anzuziehen und dafür ist der Mann verantwortlich. Beim nächsten Einkauf wird die Frau dann tatsächlich hässliche Schuhe kaufen, an der Kasse erschöpft schnauben, dass sie ja sowieso nur Latschen für den Hausgebrauch trage, weil sie nie ausgehe und dabei ein wissendes Zwinkern mit Seitenblick auf ihren Mann mit der Kassiererin austauschen. 
Der Mann wird sich im Auto überlegen, wie doch gleich die Wahrscheinlichkeit für einen perfekten Mord war und sich daheim in der Werkstatt verschanzen. Was man mit einem Schraubstock so alles anfangen kann?