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Jeden Morgen dasselbe Gewinsel. Man schlägt eine beliebige Tageszeitung auf und irgend ein Bürger eines Städtchens beschwert sich über gefällte Bäume. Über die Maßnahmen an einem beliebigen Platz. In einem beliebigen Kaff, das sich gerne weltoffen und integrativ darstellt. Das aber dörflich reagiert.

Es sind dieselben beschwerdeführenden Bürger und guten Nachbarn, die sich über ins eigene Grundstück herabhängende Äste des Nachbarn beschweren, die jedem vorschreiben wann und wie hoch man seine Hecke zu trimmen hat, die jeden Samstag Rasen mähen und auf wunden Knien mit der Nagelschere das letzte Fitzelchen unpassenden Grüns aus dem Blickfeld schneiden. Das sind dieselben Kettensägenfreaks, die einen beliebigen Gartenbauvereinsmeier an ihre Obstbäume lassen und fürderhin im Hausgarten einen amputierten Stummelbaum besitzen, um den man eigentlich nur noch weinen möchte.

Die kleine grüne Lunge ist mit Mähsteinen und Plastikgittern eingefaßt und wird deshalb niemals groß werden. Die große grüne Lunge wird eingeklagt an einem anderen Platz. Krokodilstränen umsonst verweint um Bäume, deren Namen man nicht spontan hätte nennen können - im vergangenen Jahr. Es wird Platz geschaffen in einem Ort, den sowieso niemand haben möchte. Für Menschen, die sowieso keine Lust haben, sich zu verstehen.

Grundsätzlich gilt, wer Bäume durch Beton ersetzt, hat etwas Grundlegendes in dieser Welt noch nicht verstanden. Vor Jahren gab es hierzu des Slogan "Die Natur braucht uns nicht - aber wir brauchen die Natur". Er ist in Vergessenheit geraten. Sollte aber mal wieder zitiert werden.

Irgend jemand hat auch in Irgendwo möglicherweise Angst, er könne vergessen werden und deshalb, ja deshalb schafft er sich wohl ein fragwürdiges Denkmal. Einen Jahrmarkt der Häßlichkeiten. Angst macht gierig, sich ein Monument zu setzen.

Wie es auch in Irgendwo kommen wird? Der Platz bekommt zunächst einmal einen wohlklingenden Namen. Er wird durch langweilige Flohmärkte dreimal im Jahr belebt, ab und zu einen zeitgeistigen Bauernmarkt, bei dem eh' niemand einkauft, weil sich auch in dieser Stadt die meisten kein Biogemüse leisten können. Festivals gibt's keine wegen Lärmbelastigung und eventueller Schlägereien. Einkaufen geht auch nicht, weil die Parkplätze fehlen.

Nach spätestens zwei Jahren hat jeder die Bäume vergessen und eigentlich könnte man aus der Betonwüste mit vollgesprayten Plastikfetzen einen prima Parkplatz für Busse machen. Eine mit den Jahren vollgerotzte Parkbank aus Drahtgitter hat ein blödes Schildchen mit dem Namen des Spenders drauf. Der Spender dieser unbequemen Scheußlichkeit schleicht sich mitternächtens mit einem Schraubenzieher heran, weil er zukünftig lieber anonym bleiben will und rutscht nach Verrichtung dieser Sachbeschädigung auf Hundescheiße aus. Der asoziale Brennpunkt wird als Brachfläche deklariert und das ortsansässige Industrieunternehmen baut ein weiteres Gebäude mit Tiefgarage, weil Arbeit das Wichtigste ist für Irgendwo. Ohne Arbeit kein Geld. Ohne Geld keine Ausgaben, ohne Ausgaben keine Flaniermeile.

Zu besichtigen: Irgendwo anders und eigentlich überall.